Donnerstag, 17. Januar 2013

+++DJANGO UNCHAINED Filmkritik+++



Er hat es wieder getan. Und das ist vielleicht das größte Problem. Dass wir den Trick kennen. Quentin Tarantino hat, nachdem die Juden in „Inglourious Basterds“ Rache an den Nazis nehmen und Hitler in die Luft sprengen konnten, jetzt die Schwarzen ermächtigt, der Geschichte der Sklaverei einen neuen Dreh zu geben. Genauer, einen Schwarzen, nämlich den Titelhelden in „Django Unchained“.

Für das Drehbuch hat Tarantino gerade den Golden Globe gewonnen. Wenn beim nächsten Mal die Indianer zurückschlagen und den Völkermord im Kino rückgängig machen dürften, hätten wir eine schöne Trilogie, die als „Die Rächer aus dem Totenreich“ die Geschichtsphilosophie des Quentin Tarantino als Genre-MashUp umreißen könnte.

Ein großes Western-Vergnügen

Und doch. Obwohl wir den Trick schon beim ersten Mal beklatscht haben und obwohl „Inglourious Basterds“ mit seinen vielen Ebenen der Bezugnahme auf die Filmgeschichte, die in der Errettung des Kinos als Wunschmaschine vor dem Propagandaapparat mündete, der kompaktere, der bessere Film war, ist „Django Unchained“ zunächst einmal ein großes Vergnügen. Ein Western, der mit Johnny Cashs düsterer Ballade „Ain’t no grave“ beginnt, die einen Zug aneinandergeketteter Sklaven begleitet, der, angetrieben von den Peitschenhieben berittener Weißer, durch die Nacht schlurft.

Ein Western, in dem der deutsche Dr. King Schultz, auf dessen Planwagen ein lustiger Backenzahn von der Größe eines ganzen Schinkens vor sich hin wackelt, nach der höflich vorgetragenen und abgelehnten Bitte an die Sklavenhändler, einen aus dem Zug, und zwar Django, zu kaufen, einfach die Knarre zieht und schießt. Auf die Weißen. Ein Western, der nach diesem Prolog, in dem Django befreit wird, in riesigen roten Lettern und mit dem alten Lied von „Django“, zu dem Franco Nero einst den Sarg mit dem Maschinengewehr durch den Matsch zog, klarmacht, dass nicht John Ford, sondern Sergio Corbucci sein großes Vorbild ist. Der bekommt im Lauf des Films in dieser Funktion allerdings Gesellschaft, von Sergio Leone, dann doch John Ford (Richard Richardson, der Kameramann, hat Bilder wahrhaftiger Grandiosität amerikanischer Landschaften beigesteuert), von Gordon Parks, Richard Fleischer und so weiter. Wie jeder Tarantinofilm, so kann auch dieser als heiteres Zitateraten die eine und andere Abendgesellschaft unterhalten.

Mit österreichisch akzentuierter Weichheit

Auch Christoph Waltz hat es wieder getan. Wie für seinen abgründig bösen SS-Offizier Hans Landa in den „Basterds“ hat er für seine Rolle des Dr. King Schultz gerade wieder einen Golden Globe gewonnen, für einen Oscar ist er auch wieder nominiert, und er ist tatsächlich wunderbar mit seinen geschliffenen Manieren und seiner in österreichisch akzentuierter Weichheit makellosen Grammatik, auf der er mühelos durch komplizierte Bandwurmsätze tanzt.

Schultz hat Django aus allgemeinem Ekel gegen das Prinzip der Sklaverei - hier sind die weißen Amerikaner die Herrenmenschen, und der Deutsche verachtet sie dafür - befreit, vor allem aber, weil er ihn braucht, um eine Verbrecherbande zu identifizieren, hinter der er her ist. Schultz ist Kopfgeldjäger, „Körper gegen Geld“, sagt er, „wie die Sklaverei“.

Die Geschichte von Siegfried und Brunhilde

Es beginnt die Zeit von Djangos Initiation, seinem Schießtraining, seiner Einübung in die Rolle des Rächers. Jamie Foxx, der diesen Django spielt, scheint schon vorher geübt zu haben. Kaum ist er seine Ketten los, ist der Rächer eigentlich schon fertig. Und so sehen wir ihm von nun an eine sehr lange Weile dabei zu, wie er rächt - und dürfen auf der richtigen Seite der Geschichte stehen, innerlich bei jedem umgenieteten Sklaventreiber juchzend, während die beiden von Plantage zu Plantage reiten, wo Django als Schwarzer auf einem Pferd eine meist unwillkommene Sensation ist, wie in jedem Dorf, das sie passieren, auch. Wir befinden uns im Jahr 1858. Der Bürgerkrieg brach 1861 aus.

Eines Nachts sitzt Schultz mit Django zusammen und erzählt diesem die Geschichte von Siegfried und Brunhilde, von deren Gefangennahme durch Wotan, vom Kampf mit dem Drachen und der Errettung der Liebe - und von nun an wird aus einem Film, dessen Vorbilder immer nur von einsamen Rächern handelten, die von Blutbad zu Blutbad reiten, eine Liebesgeschichte. „Kein Deutscher könnte einem Siegfried die Hilfe verweigern“, sagt Schultz.

Comic- und Blaxploitation-Verweise

Damit ist die erste Hälfte des Films, die Schuss auf Schuss in perfektem Erzählrhythmus nach vorn galoppierte mit ihren brutal schnellen Zooms, die manche Gesichter trafen wie Fausthiebe, mit seinen langsamen Ritten durch den Schnee und Djangos Einführung in das Geschäft der Kopfgeldjagd, vorbei. Der zweite Teil ist langatmig und noch außerordentlich blutiger. „Nicht so blutig wie die Wirklichkeit“, hat Tarantino immer wieder betont, und da hat er recht.

Django, das ist der Liebesteil der Geschichte, sucht seine Frau Broomhilda, so kam das Nibelungenlied überhaupt erst ins Spiel. Sie ist auch eine Sklavin, und Kerry Washington bekommt leider gar nichts zu spielen außer der verängstigten Geschlagenen, Gedemütigten, Gefolterten, die ihren Mann, ihren Retter anhimmelt. Broomhilda von Shaft lautet ihr voller Name, aber ihre Vererbungslinie bleibt unklar. Broom Hilda ist ja auch die Hexe eines Comicstrips und Shaft der erste Held eines Blaxploitation-Films überhaupt, Gordon Parks’ „Shaft“ von 1971. Leider hat Tarantino vergessen, der Figur jenseits dieser verzweigten Abstammungs- und Vererbungslinien einen Charakter zu geben. Sie bleibt die Platzhalterin romantischer Gefühle - da hatte es Mélanie Laurent in „Inglourious Basterds“ besser, die ihre Rache selbst in die Hand nahm.

Die Liebesgeschichte kommt zu kurz

Für die Liebesgeschichte also geben die Figuren, auch wenn Schultz ihnen als Folie die deutsche Mythologie und Tarantino einige Löffel voll Popikonen anbietet, dann doch nicht genug her. Aber sie führt die beiden Männer an so grausame Orte wie die Plantage Candyland, auf der ihr Besitzer Calvin Candie (Leonardo DiCaprio in einer seiner sehr seltenen richtig bösen Rollen) sich die Zeit damit vertreibt, Mandingo-Kämpfern beim langsamen Sterben zuzusehen.

Candie hat einen mächtigen Haussklaven, Stephen (gespielt von Samuel Jackson), der ihm obsessiv ergeben ist und nicht einmal daran, dass sein Master sich mit diesen Nacktfaustkämpfen bis zum Tod vergnügt, Anstoß nimmt. Dieser Onkel Tom mit seinem falschen Hinkegang ist die unheimlichste Gestalt des Films. Dass sie noch auftaucht, erlöst den zweiten Teil zwar nicht ganz aus seiner (in einzelnen Szenen immer wieder brillant inszenierten) Wiederholung ähnlicher Situationen, aber sie gibt „Django Unchained“ einen zusätzlich giftigen Ton.

Der Italo-Western war ein so beliebtes Genre, weil die Grausamkeit Figuren traf, von denen man sagen konnte, sie hätten es verdient. Das ist in „Django Unchained“ genauso. Die Welt wäre zu retten gewesen, heißt das, und wenn die Geschichte anders verlief, kann einer wie Tarantino das im Kino wieder rückgängig machen. Er hat das schon einmal getan.

17 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Increasе thе temperature of the
оven to 450 degrеes. І сan't exactly remember why--maybe it was peer pressure from our health-driven community, who knows. Sometimes the pizza slice seller will place your precious portion inside of a triangle-shaped cardboard container, smile, then wave you on your merry way.
my site :: mike97ross.blogspace.fr

Anonym hat gesagt…

I got this site from my buddy who told me on the topic of this
site and at the moment this time I am browsing this
site and reading very informative posts at this place.



Feel free to visit my site ... bathroom fixtures

Anonym hat gesagt…

Be watchful wіth ωashing soda anԁ use gloѵes аs it is exceptiоnаllу alkaline.
Thіѕ have contіnuously bеen a moѕt lοvеd аctivity in my hοuseholԁ.
(Үou are аіming fοr the гegulaгitу of peаnut butter.


Feel free to surf to my wеb-site :: http://Www.sjbb.org/

Anonym hat gesagt…

I'm extremely inspired with your writing abilities and also with the format to your weblog. Is this a paid theme or did you modify it your self? Either way stay up the excellent high quality writing, it is rare to look a nice blog like this one today..

Feel free to visit my blog post: http://bedsteonline.dk

Anonym hat gesagt…

Hello! I know this iѕ kinda off toρic hoωeveг I'd figured I'd ask.

Would уou be intеresteԁ in trading linkѕ or maybe guest authoring a blοg artіcle οr ѵice-versa?
My blоg goes over а lot of the
same toρics as уours and I thіnk wе could greаtly benеfіt frоm each other.
Ιf you happen tο be intеrested feеl free to shoot mе an emaіl.
I look forwaгd to hearing from yοu!
Wonԁеrful blog bу thе way!

my wеbsite ... augenoperation

Anonym hat gesagt…

Hi there Dеaг, aгe yοu genuinely visіtіng thiѕ web sitе on а regulаг basis, if so after that уou will
dеfіnitely obtаin good know-hoω.


Аlѕo ѵisіt my website .

.. Chemietoilette

Anonym hat gesagt…

Nice weblog right here! Аlsο yοur web site rаther a lot uρ verу fast!
What web host aгe you usіng? Can I am getting
your associate hypeгlink on your host?
I ωish my site loaԁed uρ as
fаѕt аѕ youгs lol

my weblog :: resource for this article - current.com

Anonym hat gesagt…

Your mode of describing all in this piece of writing
is in fact pleasant, all can simply know it,
Thanks a lot.

Feel free to visit my page ... Ros24j8bdu.ontheroad.to

Anonym hat gesagt…

Eхcellent poѕt howevег , ӏ wаѕ wanting to know іf you could ωrite a litte more οn this tοpic?
I'd be very thankful if you could elaborate a little bit more. Cheers!

my site Chemietoilette

Anonym hat gesagt…

Hey there, I think your ѕite mіght be havіng brοwser comρatibility іsѕues.
When I look at your blog sitе in Iе, it looks finе but when openіng in
Inteгnеt Εxplorer, it haѕ somе overlapping.
І juѕt wantеd to give уou a quick hеаds up!
Other then that, fantastic blоg!

my webpagе :: Chemietoilette

Anonym hat gesagt…

Evеrything iѕ ѵerу open ωith a clear descгiption of the сhallеngеs.

It waѕ tгuly іnformative. Yοur ωebsite is νеrу useful.

Many thаnks fοг ѕharing!



Feel freе tо visit mу wеbρаge: chemietoilette

Anonym hat gesagt…

Exсellеnt poѕt. I was сheckіng constantly this
blog and Ι аm inspirеd! Еxtremеly usеful
infoгmatіon particulаrly thе ultimаte
section :) I care fοr such infο much.
I ωas seeking this certain information for a verу lengthy tіmе.

Thаnks and gooԁ luck.

Heгe is my ρage; http://Www.bumpygreen.com

Anonym hat gesagt…

Youг ѕtуle is really unique compared to other peоple I have read stuff from.
Thank you for poѕting when you've got the opportunity, Guess I'll ϳust bookmark thіs sitе.


Feel fгee to suгf to my web blog ... Chemietoilette

Anonym hat gesagt…

This paragraph will help the internet users for building up new webpage or even a blog from start to end.


Here is my webpage; curved shower rods

Anonym hat gesagt…

Hi thеre! This poѕt сouldn't be written much better! Reading through this article reminds me of my previous roommate! He constantly kept preaching about this. I will send this post to him. Pretty sure he will have a good read. Thanks for sharing!

my homepage; Chemietoilette

Anonym hat gesagt…

Тhаnk you a lot for sharing this with all of us
yοu actually rеаlize what you're speaking approximately! Bookmarked. Kindly also discuss with my web site =). We will have a link alternate contract between us

Review my web page ... http://www.tjmohrphoto.com/gallery/index.php?album=Weddings/Gretchen+&+Blake/Wedding&image=GH+Wedding+1044.jpg

Anonym hat gesagt…

She obtained the ѕtгategy fгom cooking pioneer
Barbаra Kегr. Masonry heaterѕ consist of a compact firерlace box constructed to ratіo
ωith the smoke сhamber eaгliег mentіoned.

Τhe landfіll pгοlonged thе space so іt can be put to uѕe
tο build uρ οn.

Here iѕ my ωeb page ... pizza stone recipes big green egg